Excerpts from three different literary texts, translated by Noreen Brenner
- 1 -
Source text: Siddhartha
Author: Hermann Hesse
GERMAN TEXT
Erster Teil
Der Sohn des Brahmanen
Im Schatten des Hauses, in der Sonne des Flußufers bei den Booten, im Schatten des Salwaldes, im Schatten des Feigenbaumes wuchs Siddhartha auf, der schöne Sohn des Brahmanen, der junge Falke, zusammen mit Govinda, seinem Freunde, dem Brahmanensohn. Sonne bräunte seine lichten Schultern am Flußufer, beim Bade, bei den heiligen Waschungen, bei den heiligen Opfern. Schatten floß in seine schwarzen Augen im Mangohain, bei den Knabenspielen, beim Gesang der Mutter, bei den heiligen Opfern, bei den Lehren seines Vaters, des Gelehrten, beim Gespräch der Weisen. Lange schon nahm Siddhartha am Gespräch der Weisen teil, übte sich mit Govinda im Redekampf, übte sich mit Govinda in der Kunst der Betrachtung, im Dienst der Versenkung. Schon verstand er, lautlos das Om zu sprechen, das Wort der Worte, es lautlos in sich hinein zu sprechen mit dem Einhauch, es lautlos aus sich heraus zu sprechen mit dem Aushauch, mit gesammelter Seele, die Stirn umgeben vom Glanz des klardenkenden Geistes. Schon verstand er, im Innern seines Wesens Atman zu wissen, unzerstörbar, eins mit dem Weltall.
Freude sprang in seines Vaters Herzen über den Sohn, den Gelehrigen, den Wissensdurstigen, einen großen Weisen und Priester sah er in ihm heranwachsen, einen Fürsten unter den Brahmanen.
(...) Mehr als sie alle aber liebte ihn Govinda, sein Freund, der Brahmanensohn. Er liebte Siddharthas Auge und holde Stimme, er liebte seinen Gang und den vollkommenen Anstand seiner Bewegungen, er liebte alles, was Siddhartha tat und sagte, und am meisten liebte er seinen Geist, seine hohen, feurigen Gedanken, seinen glühenden Willen, seine hohe Berufung. Govinda wußte: dieser wird kein gemeiner Brahmane werden, kein fauler Opferbeamter, kein habgieriger Händler mit Zaubersprüchen, kein eitler, leerer Redner, kein böser, hinterlistiger Priester, und auch kein gutes, dummes Schaf in der Herde der Vielen. Nein, und auch er, Govinda, wollte kein solcher werden, kein Brahmane, wie es zehntausend gibt. Er wollte Siddhartha folgen, dem Geliebten, dem Herrlichen. Und wenn Siddhartha einstmals ein Gott würde, wenn er einstmals eingehen würde zu den Strahlenden, dann wollte Govinda ihm folgen, als sein Freund, als sein Begleiter, als sein Diener, als sein Speerträger, sein Schatten.
ENGLISH TRANSLATION by Noreen Brenner
Part One
The Brahmin’s Son
In the shade of the house, in the sun that shone on the riverbank and on the boats, in the shade of the sal forest, in the shade of the fig tree, Siddhartha, the beautiful son of the Brahmin, the young falcon, grew up together with Govinda, his friend, the Brahmin's son. The sun tanned his light-skinned shoulders on the banks of the river, when he bathed, during the holy ablutions, during the holy sacrifices. Shade flowed into his black eyes in the mango grove, when he played with his friends, when his mother sang, during the holy sacrifices, when his father, the scholar, taught, when the wise men conversed. Siddhartha had already taken part for a long time in the conversation of the wise men and practiced the art of debate, of observation and of meditation with Govinda. He already understood how to silently speak the word om, the word of words, to speak it silently within his inner being while inhaling, to whisper it out silently from his spirit with exhalation, with his soul focused, his forehead luminous with the brilliance of the clear thinking mind. He had already grasped the art of knowing the Atman within his psyche, indestructible, one with the universe.
His father's heart jumped for joy when he thought about his son, his learned offspring, thirsty for knowledge, and he saw him developing into a great sage and priest, a prince among the Brahmins.
(...) But Govinda, his friend, a Brahmin's son, loved him more than all the rest. He loved Siddhartha's eyes and sweet voice, he loved his walk and the perfect decency of his movements, he loved everything that Siddhartha did and said, and most of all he loved his spirit, his high, fiery thoughts, his ardent will, his high calling. Govinda knew that his friend would not become a common Brahmin, he would not turn into a lazy sacrificial official, a greedy merchant of spells, or a vain, empty orator, a wicked, deceitful priest, or a good, stupid sheep in the herd of the many. No, and he too, Govinda, did not want to become such a one, not a Brahmin, as there are ten thousand. He wanted to follow Siddhartha, the Beloved, the Magnificent. And if Siddhartha were to become a god, if he were to enter into the realm of radiant beings, then Govinda wanted to follow him, as his friend, as his companion, as his servant, as his spear bearer, his shadow.
- 2 -
Source text: Zwei Prager Geschichten (Two Stories from Prague)
Author: Rainer Maria Rilke
GERMAN TEXT
Zwei Prager Geschichten
Luisa, welche immer ganz stumm in einer Ecke saß, wurde kleiner und kleiner diesen Mächten gegenüber; sie schien sich aufzulösen und nichts zurückzulassen als zwei ängstliche große Augen, welche den Spukgestalten mit einem gewissen gläubigen Vertrauen nachgingen. Es war dann wie in dem großen Maskensaal des Krummauer Schlosses, dessen Wände bis hoch zur gewölbten hallenden Decke hinauf mit lebensgroßen Gestalten bemalt sind. Ein französischer Maler soll vor vielen hundert Jahren diese Karnevalsgruppen so geschickt, in so reichem und überraschendem Wechsel komponiert haben, daß man – selbst am lichten Tage – hinter jeder Figur immer noch neue, phantastisch verkleidete Gäste auftauchen sieht. In Krummau aber weiß man ganz bestimmt, daß solches nicht an dem Verdienste des Malers, sondern an dem seltsamen Umstand liegt, daß die Ritter und Damen zu einer gewissen Stunde zu erwachen beginnen, um das Schauspiel jener einen fernen Nacht zu wiederholen. Aus den Wänden steigend, erfüllen sie den Saal mit ihrem schimmernden Gewimmel. Bis die riesigen Grenadiere an der Saalthüre die Hellebarden hart an den Boden stoßen: da ordnen sich die Reihen. Ein Donner rollt über sie hin. Mit seinem wilden, schwarzen Sechsgespann ist Prinz Julius Cäsar, des zweiten Rudolf heimlicher Sohn, an der ragenden Rampe vorgefahren und kaum einen Atemzug später steht er, schwarz und schlank, mitten unter den Gästen, die sich tief, tief verneigen, wie eine Cypresse im wehenden Ährenfeld.
ENGLISH TRANSLATION by Noreen Brenner
Two Stories about Prague
Luisa, who always sat silently in a corner, became smaller and smaller in the face of these powers; she seemed to dissolve and leave nothing behind but two big, timid eyes, which followed the haunting figures with a certain sense of trusting faith. The atmosphere was then transformed into something similar to the ambience in Krummau Castle's great hall, a place where masked balls took place. The walls of the hall are painted up to the arched, echoing ceiling with life-sized figures. A French painter is said to have composed these carnival groups many centuries ago, so skillfully, so richly and with such surprising variety, that, even in the light of day, new, fantastically clothed guests crop up behind every figure. In Krummau, however, people know for sure that this is not due to the painter's merits, but due to the strange circumstance that the knights and ladies begin to awaken at a certain hour to repeat the spectacle of that distant night. Climbing out of the walls, the shimmering throng fills the hall. Until the huge grenadiers at the door of the hall push the halberds hard onto the floor: then the dancers arrange themselves into rows. A clap of thunder rolls over them. Prince Julius Caesar, the second Rudolf's secret son, drives up the protruding ramp with his wild, black six-horse carriage, and scarcely a breath later he stands, black and slender, in the midst of the guests, who make a deep, deep bow, like a cypress in an undulating field of wheat.
- 3 -
Source text: Das Kalte Herz (The Cold Heart)
Author: Wilhelm Hauff
GERMAN TEXT
Das Kalte Herz
"Schatzhauser im grünen Tannenwald,
Bist schon viel hundert Jahre alt,
Dein ist all Land, wo Tannen stehn,
Läßt dich nur Sonntagskindern sehn."
"Hast's zwar nicht ganz getroffen; aber weil du es bist, Kohlenmunk-Peter, so soll es hingehen", sprach eine zarte, feine Stimme neben ihm. Erstaunt sah er sich um, und unter einer schönen Tanne saß ein kleines, altes Männlein in schwarzem Wams und roten Strümpfen und den großen Hut auf dem Kopf. Er hatte ein feines, freundliches Gesichtchen und ein Bärtchen so zart wie aus Spinnweben; er rauchte, was sonderbar anzusehen war, aus einer Pfeife von blauem Glas, und als Peter näher trat, sah er zu seinem Erstaunen, daß auch Kleider, Schuhe und Hut des Kleinen aus gefärbtem Glas bestanden; aber es war geschmeidig, als ob es noch heiß wäre; denn es schmiegte sich wie Tuch nach jeder Bewegung des Männleins.
"Du bist dem Flegel begegnet, dem Holländer-Michel?" sagte der Kleine, indem er zwischen jedem Wort sonderbar hüstelte, "er hat dich recht ängstigen wollen, aber seinen Kunstprügel habe ich ihm abgejagt, den soll er nimmer wiederkriegen."
"Ja, Herr Schatzhauser", erwiderte Peter mit einer tiefen Verbeugung, "es war mir recht bange. Aber Ihr seid wohl der Herr Auerhahn gewesen, der die Schlange totgebissen; da bedanke ich mich schönstens. Ich komme aber, um mir Rat zu holen bei Euch; es geht mir gar schlecht und hinderlich; ein Kohlenbrenner bringt es nicht weit, und da ich noch jung bin, dächte ich doch, es könnte noch was Besseres aus mir werden; und wenn ich oft andere sehe, wie weit die es in kurzer Zeit gebracht haben; wenn ich nur den Ezechiel nehme und den Tanzbodenkönig, die haben Geld wie Heu."
"Peter", sagte der Kleine sehr ernst und blies den Rauch aus seiner Pfeife weit hinweg; "Peter, sag mir nichts von diesen. Was haben sie davon, wenn sie hier ein paar Jahre dem Schein nach glücklich und dann nachher desto unglücklicher sind? Du mußt dein Handwerk nicht verachten; dein Vater und Großvater waren Ehrenleute und haben es auch getrieben, Peter Munk! Ich will nicht hoffen, daß es Liebe zum Müßiggang ist, was dich zu mir führt."
Peter erschrak vor dem Ernst des Männleins und errötete. "Nein", sagte er, "Müßiggang ist aller Laster Anfang, aber das könnet Ihr mir nicht übelnehmen, wenn mir ein anderer Stand besser gefällt als der meinige. Ein Kohlenbrenner ist halt so gar etwas Geringes auf der Welt, und die Glasleute und Flözer und Uhrmacher und alle sind angesehener."
ENGLISH TRANSLATION by Noreen Brenner
The Cold Heart
"Treasure master in the green pine forest,
Many hundreds of years old,
All land where pine trees stand belongs to you,
Only a Sunday's child can see you."
"You didn't get it quite right, but, because it's you, Peter the collier, I'll let you pass the test", spoke a gentle, soft voice beside him. Astonished, he looked around and saw a little old man in a black doublet and red stockings with a big hat on his head, seated under a beautiful pine. He had a fine, friendly little face and a little beard as soft as cobwebs. He was smoking, which was strange to see, from a pipe of blue glass, and, when Peter came closer, he saw to his astonishment that even the clothes, shoes and hat of the little one consisted of colored glass. But the colored glass was soft and supple, as if it were still hot, because it bent like cloth with each movement of the little man.
"So you encountered that lout, Mitchell the Dutchman?" said the little man, as he coughed strangely between each word, "he wanted to frighten you quite a bit, but I snatched away his magic cudgel - he will never get it back."
"Yes, Mr. Treasure Master," Peter replied with a low bow, "I was really frightened. But you must have been Mr. Wood Grouse, who bit the serpent and killed it; I thank you so very much. But I come to consult with you - I am simply not doing well - a charcoal burner does not get far, and since I'm still young, I thought I could improve my circumstances. I often wonder when I see others, how far they have gone within in a short time - for instance Ezekiel and the dance-floor king, they have money like hay."
"Peter," the little man said very seriously, blowing a long trail of smoke from his pipe; "Peter, do not tell me anything about these people. What good does it do them, if they seem happy for a few years and then are all the more unhappy afterwards? You do not have to despise your trade, your father and grandfather were people of honor and practised it too, Peter Munk! I do hope that it is not love for idleness that leads you to me."
Peter was startled by the tiny man's seriousness and blushed. "No," he said, "idleness is the beginning of all vice, but you cannot blame me for liking another profession better than mine. A charcoal burner is after all not held in high esteem, but the glassblowers, rafters, watchmakers and others like them are far more respected. "
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Source text: Siddhartha
Author: Hermann Hesse
GERMAN TEXT
Erster Teil
Der Sohn des Brahmanen
Im Schatten des Hauses, in der Sonne des Flußufers bei den Booten, im Schatten des Salwaldes, im Schatten des Feigenbaumes wuchs Siddhartha auf, der schöne Sohn des Brahmanen, der junge Falke, zusammen mit Govinda, seinem Freunde, dem Brahmanensohn. Sonne bräunte seine lichten Schultern am Flußufer, beim Bade, bei den heiligen Waschungen, bei den heiligen Opfern. Schatten floß in seine schwarzen Augen im Mangohain, bei den Knabenspielen, beim Gesang der Mutter, bei den heiligen Opfern, bei den Lehren seines Vaters, des Gelehrten, beim Gespräch der Weisen. Lange schon nahm Siddhartha am Gespräch der Weisen teil, übte sich mit Govinda im Redekampf, übte sich mit Govinda in der Kunst der Betrachtung, im Dienst der Versenkung. Schon verstand er, lautlos das Om zu sprechen, das Wort der Worte, es lautlos in sich hinein zu sprechen mit dem Einhauch, es lautlos aus sich heraus zu sprechen mit dem Aushauch, mit gesammelter Seele, die Stirn umgeben vom Glanz des klardenkenden Geistes. Schon verstand er, im Innern seines Wesens Atman zu wissen, unzerstörbar, eins mit dem Weltall.
Freude sprang in seines Vaters Herzen über den Sohn, den Gelehrigen, den Wissensdurstigen, einen großen Weisen und Priester sah er in ihm heranwachsen, einen Fürsten unter den Brahmanen.
(...) Mehr als sie alle aber liebte ihn Govinda, sein Freund, der Brahmanensohn. Er liebte Siddharthas Auge und holde Stimme, er liebte seinen Gang und den vollkommenen Anstand seiner Bewegungen, er liebte alles, was Siddhartha tat und sagte, und am meisten liebte er seinen Geist, seine hohen, feurigen Gedanken, seinen glühenden Willen, seine hohe Berufung. Govinda wußte: dieser wird kein gemeiner Brahmane werden, kein fauler Opferbeamter, kein habgieriger Händler mit Zaubersprüchen, kein eitler, leerer Redner, kein böser, hinterlistiger Priester, und auch kein gutes, dummes Schaf in der Herde der Vielen. Nein, und auch er, Govinda, wollte kein solcher werden, kein Brahmane, wie es zehntausend gibt. Er wollte Siddhartha folgen, dem Geliebten, dem Herrlichen. Und wenn Siddhartha einstmals ein Gott würde, wenn er einstmals eingehen würde zu den Strahlenden, dann wollte Govinda ihm folgen, als sein Freund, als sein Begleiter, als sein Diener, als sein Speerträger, sein Schatten.
ENGLISH TRANSLATION by Noreen Brenner
Part One
The Brahmin’s Son
In the shade of the house, in the sun that shone on the riverbank and on the boats, in the shade of the sal forest, in the shade of the fig tree, Siddhartha, the beautiful son of the Brahmin, the young falcon, grew up together with Govinda, his friend, the Brahmin's son. The sun tanned his light-skinned shoulders on the banks of the river, when he bathed, during the holy ablutions, during the holy sacrifices. Shade flowed into his black eyes in the mango grove, when he played with his friends, when his mother sang, during the holy sacrifices, when his father, the scholar, taught, when the wise men conversed. Siddhartha had already taken part for a long time in the conversation of the wise men and practiced the art of debate, of observation and of meditation with Govinda. He already understood how to silently speak the word om, the word of words, to speak it silently within his inner being while inhaling, to whisper it out silently from his spirit with exhalation, with his soul focused, his forehead luminous with the brilliance of the clear thinking mind. He had already grasped the art of knowing the Atman within his psyche, indestructible, one with the universe.
His father's heart jumped for joy when he thought about his son, his learned offspring, thirsty for knowledge, and he saw him developing into a great sage and priest, a prince among the Brahmins.
(...) But Govinda, his friend, a Brahmin's son, loved him more than all the rest. He loved Siddhartha's eyes and sweet voice, he loved his walk and the perfect decency of his movements, he loved everything that Siddhartha did and said, and most of all he loved his spirit, his high, fiery thoughts, his ardent will, his high calling. Govinda knew that his friend would not become a common Brahmin, he would not turn into a lazy sacrificial official, a greedy merchant of spells, or a vain, empty orator, a wicked, deceitful priest, or a good, stupid sheep in the herd of the many. No, and he too, Govinda, did not want to become such a one, not a Brahmin, as there are ten thousand. He wanted to follow Siddhartha, the Beloved, the Magnificent. And if Siddhartha were to become a god, if he were to enter into the realm of radiant beings, then Govinda wanted to follow him, as his friend, as his companion, as his servant, as his spear bearer, his shadow.
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Source text: Zwei Prager Geschichten (Two Stories from Prague)
Author: Rainer Maria Rilke
GERMAN TEXT
Zwei Prager Geschichten
Luisa, welche immer ganz stumm in einer Ecke saß, wurde kleiner und kleiner diesen Mächten gegenüber; sie schien sich aufzulösen und nichts zurückzulassen als zwei ängstliche große Augen, welche den Spukgestalten mit einem gewissen gläubigen Vertrauen nachgingen. Es war dann wie in dem großen Maskensaal des Krummauer Schlosses, dessen Wände bis hoch zur gewölbten hallenden Decke hinauf mit lebensgroßen Gestalten bemalt sind. Ein französischer Maler soll vor vielen hundert Jahren diese Karnevalsgruppen so geschickt, in so reichem und überraschendem Wechsel komponiert haben, daß man – selbst am lichten Tage – hinter jeder Figur immer noch neue, phantastisch verkleidete Gäste auftauchen sieht. In Krummau aber weiß man ganz bestimmt, daß solches nicht an dem Verdienste des Malers, sondern an dem seltsamen Umstand liegt, daß die Ritter und Damen zu einer gewissen Stunde zu erwachen beginnen, um das Schauspiel jener einen fernen Nacht zu wiederholen. Aus den Wänden steigend, erfüllen sie den Saal mit ihrem schimmernden Gewimmel. Bis die riesigen Grenadiere an der Saalthüre die Hellebarden hart an den Boden stoßen: da ordnen sich die Reihen. Ein Donner rollt über sie hin. Mit seinem wilden, schwarzen Sechsgespann ist Prinz Julius Cäsar, des zweiten Rudolf heimlicher Sohn, an der ragenden Rampe vorgefahren und kaum einen Atemzug später steht er, schwarz und schlank, mitten unter den Gästen, die sich tief, tief verneigen, wie eine Cypresse im wehenden Ährenfeld.
ENGLISH TRANSLATION by Noreen Brenner
Two Stories about Prague
Luisa, who always sat silently in a corner, became smaller and smaller in the face of these powers; she seemed to dissolve and leave nothing behind but two big, timid eyes, which followed the haunting figures with a certain sense of trusting faith. The atmosphere was then transformed into something similar to the ambience in Krummau Castle's great hall, a place where masked balls took place. The walls of the hall are painted up to the arched, echoing ceiling with life-sized figures. A French painter is said to have composed these carnival groups many centuries ago, so skillfully, so richly and with such surprising variety, that, even in the light of day, new, fantastically clothed guests crop up behind every figure. In Krummau, however, people know for sure that this is not due to the painter's merits, but due to the strange circumstance that the knights and ladies begin to awaken at a certain hour to repeat the spectacle of that distant night. Climbing out of the walls, the shimmering throng fills the hall. Until the huge grenadiers at the door of the hall push the halberds hard onto the floor: then the dancers arrange themselves into rows. A clap of thunder rolls over them. Prince Julius Caesar, the second Rudolf's secret son, drives up the protruding ramp with his wild, black six-horse carriage, and scarcely a breath later he stands, black and slender, in the midst of the guests, who make a deep, deep bow, like a cypress in an undulating field of wheat.
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Source text: Das Kalte Herz (The Cold Heart)
Author: Wilhelm Hauff
GERMAN TEXT
Das Kalte Herz
"Schatzhauser im grünen Tannenwald,
Bist schon viel hundert Jahre alt,
Dein ist all Land, wo Tannen stehn,
Läßt dich nur Sonntagskindern sehn."
"Hast's zwar nicht ganz getroffen; aber weil du es bist, Kohlenmunk-Peter, so soll es hingehen", sprach eine zarte, feine Stimme neben ihm. Erstaunt sah er sich um, und unter einer schönen Tanne saß ein kleines, altes Männlein in schwarzem Wams und roten Strümpfen und den großen Hut auf dem Kopf. Er hatte ein feines, freundliches Gesichtchen und ein Bärtchen so zart wie aus Spinnweben; er rauchte, was sonderbar anzusehen war, aus einer Pfeife von blauem Glas, und als Peter näher trat, sah er zu seinem Erstaunen, daß auch Kleider, Schuhe und Hut des Kleinen aus gefärbtem Glas bestanden; aber es war geschmeidig, als ob es noch heiß wäre; denn es schmiegte sich wie Tuch nach jeder Bewegung des Männleins.
"Du bist dem Flegel begegnet, dem Holländer-Michel?" sagte der Kleine, indem er zwischen jedem Wort sonderbar hüstelte, "er hat dich recht ängstigen wollen, aber seinen Kunstprügel habe ich ihm abgejagt, den soll er nimmer wiederkriegen."
"Ja, Herr Schatzhauser", erwiderte Peter mit einer tiefen Verbeugung, "es war mir recht bange. Aber Ihr seid wohl der Herr Auerhahn gewesen, der die Schlange totgebissen; da bedanke ich mich schönstens. Ich komme aber, um mir Rat zu holen bei Euch; es geht mir gar schlecht und hinderlich; ein Kohlenbrenner bringt es nicht weit, und da ich noch jung bin, dächte ich doch, es könnte noch was Besseres aus mir werden; und wenn ich oft andere sehe, wie weit die es in kurzer Zeit gebracht haben; wenn ich nur den Ezechiel nehme und den Tanzbodenkönig, die haben Geld wie Heu."
"Peter", sagte der Kleine sehr ernst und blies den Rauch aus seiner Pfeife weit hinweg; "Peter, sag mir nichts von diesen. Was haben sie davon, wenn sie hier ein paar Jahre dem Schein nach glücklich und dann nachher desto unglücklicher sind? Du mußt dein Handwerk nicht verachten; dein Vater und Großvater waren Ehrenleute und haben es auch getrieben, Peter Munk! Ich will nicht hoffen, daß es Liebe zum Müßiggang ist, was dich zu mir führt."
Peter erschrak vor dem Ernst des Männleins und errötete. "Nein", sagte er, "Müßiggang ist aller Laster Anfang, aber das könnet Ihr mir nicht übelnehmen, wenn mir ein anderer Stand besser gefällt als der meinige. Ein Kohlenbrenner ist halt so gar etwas Geringes auf der Welt, und die Glasleute und Flözer und Uhrmacher und alle sind angesehener."
ENGLISH TRANSLATION by Noreen Brenner
The Cold Heart
"Treasure master in the green pine forest,
Many hundreds of years old,
All land where pine trees stand belongs to you,
Only a Sunday's child can see you."
"You didn't get it quite right, but, because it's you, Peter the collier, I'll let you pass the test", spoke a gentle, soft voice beside him. Astonished, he looked around and saw a little old man in a black doublet and red stockings with a big hat on his head, seated under a beautiful pine. He had a fine, friendly little face and a little beard as soft as cobwebs. He was smoking, which was strange to see, from a pipe of blue glass, and, when Peter came closer, he saw to his astonishment that even the clothes, shoes and hat of the little one consisted of colored glass. But the colored glass was soft and supple, as if it were still hot, because it bent like cloth with each movement of the little man.
"So you encountered that lout, Mitchell the Dutchman?" said the little man, as he coughed strangely between each word, "he wanted to frighten you quite a bit, but I snatched away his magic cudgel - he will never get it back."
"Yes, Mr. Treasure Master," Peter replied with a low bow, "I was really frightened. But you must have been Mr. Wood Grouse, who bit the serpent and killed it; I thank you so very much. But I come to consult with you - I am simply not doing well - a charcoal burner does not get far, and since I'm still young, I thought I could improve my circumstances. I often wonder when I see others, how far they have gone within in a short time - for instance Ezekiel and the dance-floor king, they have money like hay."
"Peter," the little man said very seriously, blowing a long trail of smoke from his pipe; "Peter, do not tell me anything about these people. What good does it do them, if they seem happy for a few years and then are all the more unhappy afterwards? You do not have to despise your trade, your father and grandfather were people of honor and practised it too, Peter Munk! I do hope that it is not love for idleness that leads you to me."
Peter was startled by the tiny man's seriousness and blushed. "No," he said, "idleness is the beginning of all vice, but you cannot blame me for liking another profession better than mine. A charcoal burner is after all not held in high esteem, but the glassblowers, rafters, watchmakers and others like them are far more respected. "
Science Translation Samples
Samples of German to English science translation, Noreen Brenner
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Wikipedia entry regarding molecular biology, German text (https://de.wikipedia.org/wiki/Molekularbiologie) :
Die Molekularbiologie ist die Beschäftigung mit der Struktur und Funktion biologischer Makromoleküle, befasst sich als solche mit der Struktur, Biosynthese und Funktion von DNA und RNA auf molekularer Ebene und untersucht, wie diese untereinander und mit Proteinen interagieren. Das Forschungsgebiet der Molekularbiologie überlappt dabei immer mehr mit weiteren Feldern der Biologie und Chemie, insbesondere der (molekularen) Genetik und der Biochemie. Die Grenzen zwischen diesen Fachbereichen sind dabei oft fließend. Der Name für dieses Fach wurde bereits in den 1930er Jahren verwendet, jedoch erst 1952 durch den englischen Physiker und Molekularbiologen William Astbury entscheidend geprägt.
Molecular biology is the study of the structure and function of biological macromolecules. It thus deals with the structure, biosynthesis and function of DNA and RNA on a molecular level and investigates how DNA and RNA interact with each other and with proteins. The research field of molecular biology overlaps more and more with additional fields that are part of biology and chemistry, especially (molecular) genetics and biochemistry. The boundaries between these subjects are often fluid. The name “molecular biology” was used as early as the 1930s, but was only decisively defined in 1952 by the English physicist and molecular biologist William Astbury.
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One of a series of German to English science translations that I worked on can be viewed at: www.tum.de/en/news-and-events/all-news/press-releases/details/34837
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Wikipedia entry regarding molecular biology, German text (https://de.wikipedia.org/wiki/Molekularbiologie) :
Die Molekularbiologie ist die Beschäftigung mit der Struktur und Funktion biologischer Makromoleküle, befasst sich als solche mit der Struktur, Biosynthese und Funktion von DNA und RNA auf molekularer Ebene und untersucht, wie diese untereinander und mit Proteinen interagieren. Das Forschungsgebiet der Molekularbiologie überlappt dabei immer mehr mit weiteren Feldern der Biologie und Chemie, insbesondere der (molekularen) Genetik und der Biochemie. Die Grenzen zwischen diesen Fachbereichen sind dabei oft fließend. Der Name für dieses Fach wurde bereits in den 1930er Jahren verwendet, jedoch erst 1952 durch den englischen Physiker und Molekularbiologen William Astbury entscheidend geprägt.
Molecular biology is the study of the structure and function of biological macromolecules. It thus deals with the structure, biosynthesis and function of DNA and RNA on a molecular level and investigates how DNA and RNA interact with each other and with proteins. The research field of molecular biology overlaps more and more with additional fields that are part of biology and chemistry, especially (molecular) genetics and biochemistry. The boundaries between these subjects are often fluid. The name “molecular biology” was used as early as the 1930s, but was only decisively defined in 1952 by the English physicist and molecular biologist William Astbury.
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One of a series of German to English science translations that I worked on can be viewed at: www.tum.de/en/news-and-events/all-news/press-releases/details/34837